Rote Dechantsbirne

Von Bade, 8. Januar 2024
Kurzbeschreibung
Gefährungsgrad
vom Aussterben bedroht
Synonyme
Bonne Rouge, Gansels Bergamotte, Rotgraue Dechantsbirne, Beurre Rouge, Diamantpaere, Rote Herbstbutterbirne.
Reifezeit
Ende September bis Ende Oktober
Herkunft
Die genaue Herkunft lässt sich heute nicht mehr klären. Den englischen Namen Gansels Bergamotte hat die Sorte von ihrem Züchter General Gansel bekommen, der Kerne der Herbstbergamotte auf seinem Gut Donneland Park in der Nähe von Colchester im Jahre 1768 gezogen haben soll. Andere Quellen geben an, das die Sorte schon 1753 unter ihren Synonymen Brocas Bergamotte und Bonne Rouge im Baumschulkatalog des Brompton Park auftauchen. Diel erhielt sie 1790 aus dem Karthäuser Kloster in Paris entweder unter dem Namen Beurré Rouge oder Doyenné Rouge. Der Name Rote Dechantsbirne hat sich dann im deutschsprachigem Raum durchgesetzt.

Historisch hat es leider einige Verwirrungen um die Sorte gegeben, die sich bis in die heutige Zeit ziehen. Andre Leroy hat unter diesem Namen die Gansels Late Bergamotte beschrieben und nicht die Rote Dechantsbirne / Gansels Bergamotte. Diese beiden Sorten sind sich sehr ähnlich, unterscheiden sich aber deutlich im Stielansatzt (Gansels Late stark verdickt), der unterschiedlichen Reifezeit und der Blattform die bei der Gansels Late stark am Rand gewellt ist. Die Rote Dechantsbirne mit dem Bezug auf Diel, hat Leroy unter dem Namen Beurre Rouge d`automne beschrieben. Dieser Fehler zieht sich bis in die heutige Zeit weiter, da in der belgischen Genbank und in Frankreich unter dem Namen Gansels Bergamotte die Gansels Late Bergamotte erhalten wird. In Brogdale in England und Skandinavien wird die echte Rote Dechantsbirne erhalten. Und nur weil der Verfasser beide Herkünfte nebeneinander aufgepflanzt hat, wurde der Fehler noch einmal deutlich. Was dennoch offen bleibt ist, das Diel schreibt er hätte die Sorte schon 1790 aus der Pariser Karthäuse bekommen, dort tauchen die Namen aber nicht auf. Wie kam die Frucht so schnell von England nach Frankreich?
Verbreitung
Die Rote Dechantsbirne ist sehr selten geworden, was auch daran liegen mag das der Baum nur mittelstark wächst und nicht alt wird. Historisch muss die Rote Dechantsbirne stark verbreitet gewesen sein. Sie wurde zumindest in sehr vielen europäischen Pomologien nicht nur beschrieben sondern auch aufgrund ihres Geschmackes hoch gelobt. In Sammlungen ist die Sorte manchmal noch vertreten, in der freien Landschaft ist dem Verfasser bisher erst ein einziger Baum noch bekannt.
Frucht
Die Frucht ist bei gepflegten Bäumen mittelgroß, bergamotte- bis kreiselförmig. Zum Stiel hin verjüngt sich die Frucht nur etwas mehr und ist dadurch fast mittelbauchig. Zum Kelch hin abgeplattet und steht. Der Querschnitt ist schwach kantig. Die Stielgrube ist leicht eingesenkt und kann einen leichten erhöhten Wulst haben, der den Stiel aber nicht zur Seite drückt. Etwas strahlig auslaufender, hellbrauner Rost ist möglich. Der Stiel ist ca. 1,5 cm lang und 2 - 3 mm dick, fast ganz braun und holzig mit einem grünen Knospenansatz. Die Kelchgrube ist mitteltief und weit, leicht uneben und ringförmig berostet. Der Kelch ist halboffen, grau, verkümmert und verwachsen zwischen den Blättern. Die Schale ist trocken und leicht samtig rau. Die Grundfarbe ist trüb gelbgrün und wirkt schmutzig durch den scheckigen feinen, graubraunen Rost der aber kaum mal deckend ist. Die Deckfarbe kann 1/3 der Frucht orangerot überziehen. Die Lentizellen sind unscheinbar. Die Kelchhöhle ist klein und hat eine schwach Röhre. Das Kernhaus hat eine leicht geöffnete Achse mit anliegenden Kernhausfächern ohne Nasenansatz. Um das Kernhaus ist das Fleisch körnig. Die Sorte hat gut ausgebildete Kerne, 7,5 x 4 mm. Das Fruchtfleisch ist cremefarben, sehr saftig und süß aromatisch.
Baum
Der mittelstark wachsende Baum verzweigt sich willig und bildet (hoch) kugelige Kronen. Charakteristisch ist das unterseitig bewollte Laub. Da Bäume mit bewolltem Laub weniger anfällig für Trockenstresszeiten sind, könnte das eine wichtige Eigenschaft für die Zukunft sein. Die Blüte erscheint mittelfrüh, mit 8 Einzelblüten pro Blütenstand.
Verwechsler
Gansels Late Bergamotte: Hier ist der Stielansatz aber wesentlich dicker. Von vielen anderen bergamotteförmigen Birnen schwer zu unterscheiden.
Anbaueignung
Als wohlschmeckende, schmelzende Tafelbirne für die Selbstversorgung, den Hausgarten und auch die Streuobstwiese geeignete Herbstsorte. Bisher zeigt sich keine deutliche Krankheitsanfälligkeit des Baumes oder der Früchte.
Rote Dechantsbirne
Kurzbeschreibung vollständig?
ja
Basisdaten
Obstart
Birne
Literatur
Diel, A. F. A, (1802): Versuch einer systematischen Beschreibung in Deutschland vorhandener Kernobstsorten. Heft 4 (Birnen 2). Frankfurt a. M., Deutschland; Andreäische Buchhandlung. S. 19
Jahn, F.; Lucas, E.; Oberdieck, J. G. C. (1860): Illustrirtes Handbuch der Obstkunde. Band 2. Birnen. Stuttgart, Deutschland; Ebner & Seubert. Nr.48
Mas, A. (1865-1874): Le Verger. Tome III. Poire d`Automne. Paris, Frankreich; V. Masson et Fils. Nr. 61
Hogg, R. (1884): The Fruit Manual. Fifth Edition. London, Großbritannien. S. 584
Lauche, W. (1882): Deutsche Pomologie. Birnen, 1. Band. Berlin, Deutschland; Paul Parey. Nr.19
Bredstedt, H. C.(1890): Haandboog i dansk Pomologi. 1det Bind- Paerer. Odense. Dänemark; L.C. Dreyer. S. 323
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